====== Epigenetik ====== Die Epigenetik (//epi// = darüber) befasst sich mit mitotisch vererbbaren Veränderungen der Genexpression, die ohne Veränderung der eigentlichen DNA-Sequenz auftreten. In sensitiven Entwicklungsphasen (Urkeimzellentwicklung und frühe Embryonalentwicklung) findet eine Zurücksetzung und Umprogrammierung epigenetischer Markierungen statt. Ist ein Organismus während dieser Phasen suboptimalen Umweltbedingungen ausgesetzt, können irreversible Schäden entstehen -- die epigenetische Beschaffenheit spielt z.B. eine große Rolle hinsichtlich Vitalität, Fruchtbarkeit und (Krebs-)Erkrankungen. Epigenetische Modifikationen umfassen * DNA-Methylierung -- innerhalb von CpG-Dinukleotiden; assoziiert mit Gen-Silencing; * post-translationale Histon-Tail-Modifikationen (z.B. Methylierung) -- als Andockstelle für andere epigenetische Faktoren; * Chromatin-Umgestaltung -- Verschiebung der Nukleosomen; * Histon-Varianten -- veränderte Funktion der Nukleosomen; * non-coding RNA (ncRNA):\\ microRNA (miRNA) -- post-transkriptionales Gen-Silencing;\\ PIWI-interacting RNA (piRNA) -- post-transkriptionales oder transkriptionales Gen-Silencing, große Bedeutung für Keimbahn und Stammzellen;\\ long non-coding RNA (lncRNA) -- bilden vorrangig im Zellkern RNA-Protein-Komplexe und regulieren in Folge Allel-spezifisch oder unspezifisch viele verschiedene Prozesse. ===== X-Inaktivierung ===== Bei der X-Inaktivierung((Morey, C., & Avner, P. 2011. The demoiselle of X-inactivation: 50 years old and as trendy and mesmerising as ever. PLoS genetics, 7(7), e1002212.)) werden während der frühen Embryonalentwicklung alle X-Chromosomen in Zellen mit mehr als einem X-Chromosom (i.d.R. weibliche Zellen), bis auf eines, durch epigenetische Marker inaktiviert ("//Barr bodies//"). Welches X-Chromosom dabei aktiv bleibt, ist dem Zufall überlassen, von Zelle zu Zelle unterschiedlich und muss nicht zwingend im Verhältnis 50%:50% erfolgen, sondern kann sich etwa im Bereich von 95%:5% bis 5%:95% bewegen. Ein einmal inaktiviertes X-Chromosom bleibt in der Regel fortlaufend inaktiv und wird mitotisch an Tochterzellen vererbt.\\ Wenige Gene bleiben trotz X-Inaktivierung aktiv ("//Escape Genes//"). X-chromosomal bedingte Krankheiten können der Verteilung der X-Inaktivierung entsprechend unterschiedlich schwer ausfallen; d.h. auch die Verteilung innerhalb bestimmter Organe kann den Schweregrad beeinflussen. Beispiele beim Kaninchen: * Löffelohren ("lo"); * Tremor ("tr") -- Eine Punktmutation im PLP1-Gen führt zu einem Defekt im Zentralen Nervensystem((Sypecka, J., & Domańska-Janik, K. 2006. Phenotypic diversity resulting from a point mutation. Folia Neuropathologica, 44(4), 244-250.)). ---- {{counter|today}} {{counter|yesterday}} {{counter|total}}