Inhaltsverzeichnis
Gift
Definitionen
Paracelsus, 1538:
Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.1)
Reichsgericht, 1884:
„Eine Substanz, welche lediglich durch ihre qualitative Beschaffenheit, unter allen Umständen, geeignet wäre, die Gesundheit zu zerstören, existiert nicht. Die gesundheitszerstörende Eigenschaft ist vielmehr stets eine relative, sie ist nicht bloß von der Qualität, sondern auch von anderen Bedingungen, insbesondere von der Quantität des beigebrachten Stoffes und von der körperlichen Beschaffenheit der Person, welcher derselbe beigebracht worden, abhängig. Je nach Verschiedenheit der in Frage kommenden Bedingungen kann derselbe Stoff bald als gesundheitszerstörend, bald als nur gesundheitsschädlich, bald als durchaus unschädlich, bald endlich als Heilmittel erscheinen.“2)
Meyers Konversationslexikon, 1885-1892:
„Gift: in der Natur vorkommender oder künstlich hergestellter Stoff, der nach Eindringen in den Organismus eines Lebewesens eine schädliche, zerstörende, tödliche Wirkung hat (wenn er in einer bestimmten Menge, unter bestimmten Bedingungen einwirkt).“3)
Brockhaus, 1894-1896:
„Gift (Virus, Venenum), im allgemeinen jeder Stoff, der, dem gesunden Körper auf irgendwelche Weise einverleibt, mehr oder minder schwere Ernährungs- und Funktionsstörungen bestimmter Organe veranlaßt und damit entweder Krankheit oder im ungünstigen Falle selbst den Tod verursacht. Strenggenommen kommt allerdings dem Worte G. nur eine relative Bedeutung zu, da kein Stoff unter allen Umständen und unbedingt giftig wirkt, wie man am besten daraus ersehen kann, daß gerade die als heftigste G. bekannten Stoffe, wie Blausäure, arsenige Säure, Strychnin, Morphium, Atropin, Quecksilbersalze u. a., innerhalb gewisser Grenzen die heilsamsten Wirkungen auf den Organismus ausüben und deshalb als Heilmittel hochgeschätzt sind, und daß andererseits viele Tiere von gewissen Substanzen, die auf andere entschieden giftig wirken, gar nicht oder nur äußerst wenig beeinflußt werden. Vor allem spielen hierbei das Lösungsmittel der betreffenden Substanz, die Art der Einverleibung, die individuelle Disposition, wie nicht minder der Grad der Gewöhnung […] eine entscheidende Rolle. Die G. können mittels des Verdauungsprozcsses, des Einatmens und der Einsaugung durch die Haut in den Körper dringen; manche, wie z. B. das amerik. Pfeilgift, erweisen sich nur dann erst giftig, wenn sie mit dem Blute in unmittelbare Berührung (durch Wunden) gebracht werden, während sie bei der Einführung in den Magen völlig wirkungslos bleiben. Man teilt die G. in verschiedene Gruppen, die sich weniger auf die noch größtenteils unerforschten, die toxische Wirkung bedingenden elementaren Eigenschaften als auf Erscheinungen an Vergifteten gründen.“4)
Pschyrembel, 2002:
„Gifte: (engl.) poisons; syn. Venena, Toxika; Stoffe, die in einer bestimmten (von Applikationsweg u. Einwirkungsdauer abhängigen) Dosis durch ihre chemischen oder physikalischen Eigenschaften toxische Wirkungen, u. U. den Tod, herbeiführen.“5)
Lohs et al., 2009:
„Die Giftigkeit eines chemischen Stoffes für den menschlichen oder tierischen Organismus wird von verschiedenen Faktoren bestimmt; unter anderem sind dies Dosis, Ort der Wirkung, Applikationsform, Einwirkungszeit, Umgebungsbedingungen, physische Verfassung des Organismus.“6)
Die Definition aus Meyers Konversationslexikon, 1885-1892 findet sich wortgleich im Duden, 20067).
Sinnverwandt, aber seltener wird der Begriff „Noxe“ für Gifte benutzt. Definiert werden „Noxe“ z. B. im Duden als „ein Stoff oder ein Lebensumstand, der einen schädigenden oder pathogenen Einfluss auf den Organismus ausübt“8). Genauer handelt es sich dabei um „im Organismus abgestorbene körpereigene Eiweiße oder deren Abbauprodukte, die eine starke Toxizität entwickeln.9)
Als weiteres Synonym für Gift wird der Begriff „Toxin“ benutzt. In der Literatur finden sich entsprechend für die Giftwirkung der Begriff “Toxizität„.
Toxizität
Mit dem Begriff “Toxizität„ wird die Giftigkeit einer Substanz beschrieben.
Fallbericht
Es ist bisher ein einziger, dokumentierter Fall bekannt, der eine mögliche Vergiftung von Kaninchen durch Pflanzen beschrieb10): vier Weiße Neuseeländer Kaninchen, 2 Männchen und 2 Weibchen im Alter von 4 bis 8 Monaten, wurden versehentlich von Kindern mit einer großen Menge „Schierling“ (Conium maculata) gefüttert, die dachten, sie würden den Kaninchen „Wilde Karotte“ (Daucus carota) geben. Zwei Tiere, ein Männchen und ein Weibchen, wurden etwa 3 Stunden später tot aufgefunden. Von den beiden überlebenden Kaninchen, einem Männchen und einem Weibchen, zeigte das Weibchen keine Anzeichen, während das Männchen mäßig betroffen war. Dieses Tier erschien dem Besitzer schwach und ataktisch. Es konnte normal hüpfen, aber nach dieser Art von Anstrengung zitterte seine Hinterhand, es fiel um und lag ganz still auf der Seite. Seine Atmung wurde als sehr flach und langsam beschrieben. Der Besitzer dachte sogar einmal, das Kaninchen sei tot. Nach einer Stimulation konnte es sich jedoch aufsetzen, wobei es seine Füße unter den Körper legte, um sich abzustützen, damit es nicht umfallen konnte. Der Besitzer gab dem Kaninchen eine unbekannte Menge Wasser und ließ es an einem ruhigen Ort zurück. Etwas mehr als eine Stunde später schien sich das Tier vollständig erholt zu haben.
Eine Autopsie der zwei verendeten Tiere als Bestätigung der Vergiftung durch Schierling fand offenbar nicht statt.
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