Abbé Rozier kannte 18091) als „variétés de lapins“: das Silberkaninchen („le riche“), das weiße Kaninchen („le lapin blanc“), das rot- oder gelblich graue Kaninchen („le gris roux, le fauve“) und das langhaarige Angorakaninchen („le lapin d'Angora“), dessen Wolle zur Herstellung von wärmender Kleidung begehrt war. (S. 306)
(Buffon, 18392), S. 722; Boitard, M. 1845. Le Jardin des Plantes. Description et moeurs des Mammifères de la Ménagerie et du Museum d'Histoire naturelle. Paris. pp. 370-372.3), S. 229-230; Mariot-Didieux, S. 1854. Guide de l'Educateur de Lapins.4), S. 105-110)
Delamer, 18545) schrieb über die vier Rassen „Small Common Tame Rabbits“, „Large Tame Rabbits“, „Lop-eared“ und „Angoras“. (S. 134-136)
Beispielhafte Auswahl aus Knight, 18896):
![]() Holländerkaninchen | ![]() Englisches Widderkaninchen | ![]() Russenfarbiges Kaninchen |
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Der Tiermaler sowie Autor und Illustrator zahlreicher Tierbücher J. Bungartz beschrieb 19027) die folgenden Kaninchenrassen, die er in „Nutz“- und „Sport“-Kaninchen gliederte:
A. Nutz-Kaninchen
B. Sport-Kaninchen
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts verlagerten Rassekaninchenzüchter ihren Fokus zunehmend von besonders auffälligen Phänotypen (Sport-Rassen) hin zur wirtschaftlichen Nutzbarkeit. Trotzdem konnten sich auch einige der Sport-Rassen über die Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs hinweg behaupten.
Tabelle: Kaninchenrassen nach Mahlich, 19199); ergänzt durch Poppe, 191210)
Rasse | Farbe(n) | Gewicht (kg) | Sonstiges |
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Deutsches Kaninchen | „kommt in allen Säugetierfarben vor, vom reinsten Weiß bis zum tiefsten Schwarz, getigert und in Schecken; doch sind rein einfarbige Tiere bevorzugt. Des Züchters Lieblingsfarbe ist die graue Farbe.“ | 2-2½ | Schmale, straff aufrecht stehende Ohren11)(S. 27-28); im Volksmunde Stallhase, auch Kuhhase, genannt“12)(S. 156) |
Riesenkaninchen | |||
Belgisches oder flandrisches Riesenkaninchen | „hellgrau, grau oder eisengrau“13); bzw. neben „hasengrau, dunkelgrau oder eisengrau“ auch „schwarz, blau, gelb oder hellblau“ (blaugrau)14) | 5-8½ | |
Deutsche Riesenschecke | „weiß-schwarz, weiß-braun, weiß-eisengrau oder weiß-blau“, bzw. „jede dunkle Farbe“; farbig sind: Aalstrich („gern einem Heringsgerippe gleichend“), Ohren, Augenringe, Backenpunkte, „etwa zehn rundliche Flecken auf jeder Körperseite“ | 5-7 | |
Deutsches Landkaninchen | „schwarz-weiß“; Zeichnung wie bei der Deutschen Riesenschecke, jedoch „blanknasig“ | 5-7 | In Westdeutschland wurde für Riesenschecken oder Landkaninchen (mit oder ohne Schmetterling) die Bezeichnung „Belgisches Landkaninchen“ verwendet.15)(S. 67-71) |
Weißes Riesenkaninchen | „Albinoform des grauen belgischen Riesen“ | ||
Kaninchen mit Hängeohren | |||
Französisches Widderkaninchen | „schwarz, weiß, grau, gelb, schieferblau; mehrfarbig oder gescheckt: schwarz-weiß, grau-weiß, gelb-weiß oder blau-weiß“ | 4-5½ | „leichte Krümmung des Nasenbeines“ (S.47) |
Englisches Widderkaninchen | „reichhaltig; in ein- und gemischtfarbig oder gescheckt“16); bzw. „die beliebtesten Farben sind jedoch madagaskar, goldgelb, gelb-weiß und schildkrotfarbig“17) | 3-6 | „enorm lange und breite Ohren“ (Behanglänge bis zu 66 cm); „recht schlaff“ herabhängende Ohren mit nach vorne gerichteter Schallöffnung; Kopf und Ohren haben „Ähnlichkeit mit den behörnten Köpfen männlicher Schafe“ (S. 53, 54, 56, 57) |
Meißener Widderkaninchen | „grausilber“ (schwarzsilber), „blausilber“ | <4 | Um 190018)(S. 82) „Aus Kreuzungen zwischen englischen Widdern und Silbern“19)(S. 58) entstanden |
Kaninchen, welche in der Jugend eine Verfärbung durchmachen | |||
Silberkaninchen (Kleinsilber) | „grausilber“ (schwarzsilber, gg), „blausilber“ (ddgg), weniger „braunsilber“ (graubraun) oder „gelbsilber“ (bb); letztere „nicht zu verwechseln mit crêmesilber“ (bbgg), welche „zur Zucht vollständig wertlos“ seien | 2½-3 | „Stammvater der Großsilber“20)(S. 59); Blaue Silber seien „1887 auf einer Ausstellung in England erschienen“.21)(S. 124) Von England aus wurde das Silberkaninchen „von den Deutschen übernommen, von denen es nach Österreich und der Schweiz weiter verbreitet wurde.“22)(S. 60) |
Deutsches Großsilberkaninchen | „grausilber“ (schwarzsilber), „blausilber“ | 4-6 | Aus Kreuzungen von Kleinsilber mit anderen Rassen, wie Blaue Wiener, entstanden (S. 70-71) |
Französisches Riesensilberkaninchen (Champagnesilber) | Schwarzsilber | 4-5½ | „ursprünglich aus Frankreich eingeführt“ (S. 74) |
Russisches Kaninchen | Schwarz-weiß | 2½-3½ | |
Kaninchen mit langem Seidenhaar | |||
Seidenkaninchen (Angorakaninchen) | Vorrangig „weiß“ (Albino); „schwarz, grau, gelb oder blau“ galten als weniger wertvoll | 4-523) | Haarlängen bis über 30 cm möglich – zur weiteren Verarbeitung seien jedoch 8 bis 10 cm ausreichend; vom bisherigen „Sporttier und Liebling der Damen“ wurde die Nutzbarkeit der Wolle zur „Triebfeder für die Zucht.“ – Ein Seidenkaninchen lieferte „innerhalb eines Jahres je nach Größe 350 bis 550 g Wolle“.; „Der Seidenkaninchenzüchter muß ein sehr großer Tierfreund und ein besonders arbeitsamer Stallbursche sein.“ (besonders sorgfältige Pflege, schonende Wollgewinnung)24)(S. 78-81, 91); Industrielle Verarbeitung der Wolle in Deutschland ab 1910 („bis uns zur Drachenfelsschau der erste Stoff vor Augen geführt wurde“)25)(S. 112) |
Mittlere und kleinere Kaninchenrassen | |||
Blaues Wienerkaninchen | „schiefertaubenstahlblau“ | 4-5 | Zur Herauszüchtung seien „nach meinem Dafürhalten belgische Riesen, und blaue Widder benutzt worden“; „als „blaue Wiener Riesen-Kaninchen“ 1896 erstmalig auf Ausstellungen gezeigt“26)(S. 92); Herausgezüchtet ab 1893/94 aus „Belgischer Riese, Französischer Halbwidder/ Gehegekaninchen, dazu Lothringer Riese“; „Auf der Ausstellung in Wien 1895 wurde die erste Kollektion dieses neuen Schlages, 14 Stück an der Zahl, der Öffentlichkeit vorgeführt“; Verbreitung in Deutschland ab 190427)(S. 94-96) |
Weißes Wienerkaninchen (Wiener Blauaugen) | Weiß; hellblaue Iris | 3-4 | Herausgezüchtet aus „unkorrekt gezeichneten blauen Holländerkaninchen“ (S. 97) |
Holländisches Kaninchen | „schwarz, blau, grau usw.“; „in allen Säugetierfarben“ (allerdings wurden die „Fellmischfarben blau-grau, gelb-grau, mehlfarbig und japanerfarbig“ von Bewertungen ausgeschlossen); Zeichnung: „Blesse, nach unten gleichmäßig breiter werdend; Ringlinie um den Leib; Hinterlauf-Manschetten“ | 2½-3 | Herausgezüchtet „von den Engländern aus dem Brabanterkaninchen; früher waren die Holländer im Durchschnitt schwerer als sie heute sind“28)(S. 100); „wurde vor etwa 25 Jahren in Deutschland aus England eingeführt“ (d.h. 1880er-Jahre); „Dieses Holländische Kaninchen hat eine große Ähnlichkeit mit unserem früheren, als Stallhase gehaltenen, Deutschen Kaninchen“29)(S. 132-133) |
Englisches Scheckenkaninchen („Edel-Schecke“) | „meist schwarz-weiß oder blau-weiß; vereinzelt madagaskarfarbig-weiß; fast gar nicht mehr gelb-weiß oder grau-weiß“; auch „schildkrötfarbig-weiß“; farbig sind: Aalstrich, Ohren, Augenringe, Backenpunkte, Kette und Seitenflecke | 2-3 | Wurde in Deutschland „damals noch mit dem Japanerkaninchen verwechselt – Aufklärung in dieser Sache“ dürfe sich „der im Jahre 1903 gegründete Internationale Züchterclub Englischer Scheckenkaninchen als sein Verdienst zuschreiben“ (S. 105) |
Schwarzloh-Kaninchen | Schwarzloh | ~2½ | „Die ersten Schwarzloh-Kaninchen fanden sich im Jahre 1887 in einem Kaninchengehege, das einem gewissen Cox in Brailsford bei Derby gehörte. […] Die Rassen, die Cox in seinem Kaninchengehege vereinigte, waren alle von kleiner Gestalt, mit kurzen geraden Ohren. Es waren Holländer, Silber in allen Schattierungen und Gehegekaninchen von fahler Farbe.“ (Fur and Feather, 1897.264); „Die Verwendung des Holländer Kaninchens dürfte wohl nur in die Zeit der allerersten Entstehung der Rasse fallen.“ – Zur folgenden Herauszucht der Rasse Lohkaninchen wurden insbesondere „belgische Hasen“ eingesetzt.30)(S. 118-120) „seit zirka 15 Jahren in Deutschland bekannt“31)(S. 138) |
Blauloh-Kaninchen | Blauloh (ebenfalls erwähnt: havannaloh; zuerst in der Schweiz und in Frankreich gezüchtet) | ~2½ | 1907 waren Havannaloh auf der Leipziger Drachenfelsschau zu sehen.32)(S. 148) |
Japanisches Kaninchen | „dreifarbig – schwarz, gelb und schmutzigweiß im buntesten Gemisch“ | ~3½-5 | „Zweifelsohne sind aber die Holländer [Kaninchen] am meisten dabei beteiligt gewesen.“33)(S. 123); „anfänglich zwei Richtungen: Die eine wollte das Weiß beibehalten, das die andere als unrassig bezeichnete. […] so dass schon Anfang dieses Jahrhunderts die Tiere sich in ganz anderer Gestalt, aber auch in ganz veränderter Zeichnung, präsentierten.“ [folgende Beschreibung lässt auf Genotyp bJG schließen, Anmerkung KH]34)(S. 99-102) |
Belgisches Hasenkaninchen | Rotbraun | ~3½-4 | „kleinere Spielart des belgischen Riesenkaninchens; Stammland ist England; seit etwa fünfzehn Jahren in Deutschland bekannt“35)(S. 127-128); „elegant und schnittig“36)(S. 106) |
Rheinisches Scheckenkaninchen | Japanerfarbig-weiß; ideale Zeichnung siehe Riesenschecke | 3½-5 | Herausgezüchtet 1902 bis 1905 im deutschen Rheinland (S. 132) |
Thüringer Kaninchen (Chamois) | „gemsfarbig/ gemsengelb mit schwärzlichem Anflug“ | 2½-3½ | Herausgezüchtet in den 1890er-Jahren im deutschen Thüringen (S. 134) |
Havannakaninchen | „havannabraun“ | ~3 | Herausgezüchtet 1899 bis 1903 in Holland und Frankreich, aus belgischen Riesen, Hasenkaninchen und blauen Wienern; 1903 wurden erste Havannakaninchen in die Schweiz sowie 1905 und 1906 nach Deutschland verbracht.37)(S. 135-136) 1907 waren Havanna auf der Leipziger Drachenfelsschau zu sehen.38)(S. 148) |
Hermelinkaninchen | Weiß (Albino) | <3 | „von schnittigem, kurzem und gedrungenen Bau; zierlicher, runder, aber nicht kugelrunder Kopf; Ohren möglichst dünn“39)(S. 141) „Es ist sehr klein, so klein ist kein anderes.“40)(S. 153) |
Alaskakaninchen | „tiefes, reines schwarz“ | 3-3½ | „Es handelt sich um eine reindeutsche Züchtung […] aus schwarzem deutschem Kaninchen, gekreuzt mit Russen, Silber, Holländer und Havanna“ (S. 144-145) |
(Marburger) Fehkaninchen | Fehfarbig | 2-2½ | Herausgezüchtet „aus Havanna unter Zuhilfenahme von Grausilber“; bekannt seit 1916 (S. 146) |
Die erste Auflage von „Starkes praktischer Kaninchenzucht“ erschien gegen 1899, die zweite und dritte 1903. Nach P. Starkes Tod (1905) wurde das Werk zunächst von F. Poppe (vierte Auflage, 1907; [sechste Auflage, 1912;] zehnte Auflage, 1917), später von [K. Königs (11. Auflage, 1930) oder] M. Wischer (12. Auflage, 1941) fortgeführt.41)(S. 172-173, 206)
In den folgenden Jahren entstanden weitere Rassen, wie: andersfarbige Deutsche Großsilberkaninchen, Lohsilberkaninchen, Groß-Chinchillakaninchen, Graue und andersfarbige Wienerkaninchen, Groß-Fehkaninchen, Luxkaninchen, Klein-Chinchillakaninchen, Augsburger Fehkaninchen, Düsseldorfer Perlfehkaninchen, Fehlohkaninchen, Blau- und Braunaugen-Hermelinkaninchen, Opossumkaninchen, Deutsches Langhaarkaninchen, Kurzhaar-Rassen (Rexkaninchen, Deutsches Kurzhaarkaninchen, Normannen-Kurzhaarkaninchen), Fuchskaninchen und Marderkaninchen42) – nicht alle sind bis heute erhalten geblieben.
Abb. 1: "Stammbaum der Kaninchenrassen bzw. Farben und Haarvariationen"; Will, 1931
Abbildung 1: „1. Hermelin; 2. Gelb; 3. Thüringer; 4. Sandfarbig; 5. Rheinische Schecke; 6. Französisches Silber; 7. Russe; 8. Japaner; 9. Havanna; 10. Feh; 11. Blaues Wiener; 12. Schildpattfarbe; 13. Weißes Wiener; 14. Englische Schecke; 15. Braunsilber; 16. Eisengrau; 17. Englischer Widder; 18. Hasenkanin; 19. Castorrex; 20. Husumer Blauauge; 21. Marder; 22. Alaska; 23. Franz. Widder; 24. Fuchskaninchen; 25. Holländer; 26. Deutsche Riesenschecke; 27. Chinchilla; 28. Schwarzloh; 29. Belg. Riese; 30. Angora; 31. Wildkaninchen.“ Reproduktion nach Entwürfen von Nachtsheim, 1930.43)(S. 24-25)
Nach Möbes, 194644) war A. Will „als prominenter deutscher Kaninchenschriftsteller besonders durch seine Hauptmitarbeit im „Ratgeber für Kaninchenzüchter“ (Arnstadt in Thüringen) und seine Aufsätze in der „Geflügel-Börse“ (Leipzig) weithin bekannt.“
![]() Poppe, 1912 | ![]() Mahlich, 1919 | ![]() Will & Kerschagl, 1931 |
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Über die weitere Entwicklung der Rassekaninchenzucht in Deutschland und umliegenden Ländern im 20. Jahrhundert gaben z.B. Auskunft: Joppich, 196945), Dorn, 197346), Niehhaus, 198747) oder rassespezifische Ausarbeitungen.
Eine fortlaufende Informationsquelle stellt das Verbandsorgan des Zentralverbandes Deutscher Rassekaninchenzüchter (ZDRK), die „Kaninchenzeitung“, dar.
![]() Joppich, 1969 | ![]() Niehaus, 1987 |
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