Brachygnathia superior (Verkürzung des Oberkiefers), autosomal rezessiv mit unvollständiger Penetranz (siehe Genetische Last)
„The author has examined about seven isolated cases resembling this Brachygnathia in the British rabbit fancy over a number of years (Robinson, unpublished observations).“3)(S. 343)
Inzuchtlinien am Rockefeller Institute (meist Weiße Neuseeländer)4)5)
„It might be a problem predominantly in small rabbits […]. But also rabbits of intermediate and large breeds are affected.“ – Korn et al., 20166) ermittelten als frühestes Alter, in dem eine Brachygnathia superior festgestellt werden kann, 3 Wochen. Sie empfahlen die 12. Lebenswoche zur Vorselektion potentieller Zuchttiere (Ausschluss zahnkranker Tiere), bzw. eine erneute Kontrolle bei Zwerg- und kleinen Rassen nach der 20. Lebenswoche.
Zahn-Fehlstellungen bei normal entwickelten Kieferknochen sind in der Regel erworben; wesentliche Einflussfaktoren sind Haltung und Ernährung (insbesondere Nähr- und Wirkstoffzusammensetzung7)).
Im Rahmen der Vorsorge untersuchten Mosallanejad et al., 20108) eine zufällige Auswahl von 105 Heimkaninchen (Prävalenz-Zeitraum 01/2006 - 02/2009). Basierend auf Anamnese, klinischer Untersuchung und radiologischen Befunden – bei 7/105 Tieren wurde eine Zahnerkrankung festgestellt und bestätigt – wurden als bedeutende Risikofaktoren das Alter (>3 Jahre) sowie Haltung und Ernährung (mangelndes Sonnenlicht, dazu als Futtermittel „soft fibre“ ohne Zusatz von Calcium oder Vitamin D3) ermittelt.
Artiles et al., 20209) bewerteten retrospektiv CT-Befunde von 100 Heimkaninchen mit oder ohne Zahnerkrankung (Prävalenz-Zeitraum 01/2009 - 07/2017). Dabei wurden die Einflüsse von Alter, Geschlecht, Fortpflanzungsstatus (intakt, kastriert oder sterilisiert), Körpergröße (von Zwerg bis Riese) sowie der Ohrform (stehend oder hängend) auf das Ausmaß einer erworbenenen Zahnerkrankung untersucht. Die einzige Variable, die signifikant mit einem Anstieg des Grades der erworbenen Zahnerkrankungen in Verbindung stand, war das Alter der Kaninchen. Dies stehe im Einklang mit der Annahme eines fortschreitenden Krankheitsverlaufs. („Our data did not show an association between breed [Zwergkaninchen] and incisor tooth malocclusion.“)
Zwischen 2018 und 2021 wurden in einer chilenischen Tierklinik insgesamt 1.420 Heimkaninchen registriert, von denen 361 (25,4 %) mit einer erworbenenen Zahnerkrankung diagnostiziert wurden. Als signifikante Risikofaktoren identifizierten Palma-Medel et al., 202310) retrospektiv das Alter und das Geschlecht (männlich). Schützend wirkten sich eine großzügige Haltung (ohne Käfig) sowie der Verzehr von Heu als Teil der Ernährung aus. In dieser Studie war für die meisten Kaninchen keine Rassezuordnung möglich (vermutlich überwiegend klein-/ mittelrahmige Mischlinge).
Siehe auch: Harcourt-Brown, 2006; Mullan & Main, 2006; Mäkitaipale et al., 2015; Jackson et al., 2024; bzw. Prävalenzen.
Jackson et al., 202511) untersuchten zwischen Oktober 2023 und Februar 2024 auf acht Ausstellungen und in neun Zuchtstätten in England und Schottland insgesamt 435 Kaninchen aus 49 Rassen (BRC). Diese Zahl übertraf die zuvor berechnete Mindeststichprobengröße.
Vor der eigentlichen Datenerhebung wurden während einer sechswöchigen Pilotphase ein Prüfprotokoll, eine Checkliste, sowie eine fotografische Skala von eins (sehr brachyzephal) bis fünf (dolichozephal) zur Einordnung der Kopfform erstellt.
„Miniature Lop“ (n = 71, 16.32%), „Netherland Dwarf“ (n = 55, 12.64%) und „Miniature Rex“ (n = 41, 9.43%) waren am häufigsten vertreten (Tabelle 1). Die meisten Kaninchen waren männlich (n = 275, 63,22 %), unkastriert (n = 428, 98,39 %), hatten stehende Ohren (n = 266, 61,15 %) und eine brachyzephale Kopfform (n = 180, 41,38 %). Das mediane Alter der Kaninchen betrug 1,29 Jahre und das mediane Gewicht (adult) 2,16 kg.
Tabelle 1: Übersicht der untersuchten Rassen, gezüchtet nach BRC-Standard, sowie Ohr- und Kopfformen; aus Jackson et al., 202512)13)
| Rasse/ Merkmal | Tierzahl | Anteil der gesamten Stichprobe (%) |
|---|---|---|
| Miniature Lop | 71 | 16,32 |
| Netherland Dwarf | 55 | 12,64 |
| Miniature Rex | 41 | 9,43 |
| Dwarf Lop | 38 | 8,74 |
| Angora (English) | 28 | 6,44 |
| French Lop | 22 | 5,06 |
| Andere | 180 (≤ 20/ Rasse) | 41,37 |
| Ohrformen | ||
| Stehend | 266 | 61,15 |
| Hängend | 169 | 38,85 |
| Kopfformen | ||
| Sehr brachyzephal | 20 | 4,60 |
| Brachyzephal | 180 | 41,38 |
| Mesozephal | 90 | 20,69 |
| Leicht dolichozephal | 85 | 19,54 |
| Dolichozephal | 59 | 13,56 |
| Fehlend | 1 | 0,23 |
Bei der visuellen Untersuchung der Zähne mittels Otoskop wurden bei 126 Kaninchen (28,97 % der gesamten Stichprobe) Anomalien der Schneidezähne und bei 138 Kaninchen (31,72 % der gesamten Stichprobe) mindestens eine Anomalie der Backenzähne festgestellt, teils mit unklarer klinischer Relevanz.
Die multivariate Analyse ergab u.a.:
Schlussfolgernd waren Merkmale wie hängende Ohren, Kurzköpfigkeit oder eine geringe Körpergröße (Zwergwuchs) als Risikofaktoren für Zahnerkrankungen unbedeutend – viel wichtiger seien Haltung und Ernährung.
Anomalien, die bei einer klinischen Untersuchung festgestellt werden können:14)
Anomalien der Schneidezähne
Horizontale Rillen (obere Schneidezähne), Verfärbungen, Zahnschmelzabtragungen, anormale Längen oder Formen, Fehlbiss/ Malokklusion, Brüche, Anomalien/ Entzündungen des Zahnfleischs, fehlende Stiftzähne;
Anomalien der Backenzähne
Anormale Längen, vergrößerte Zahnschwischenräume, bewegliche/ lockere Zähne, Verfärbungen, Zahnschmelzabtragungen, fehlende Kronen, Weichgewebe-Anomalien (Verletzungen der Zunge, Entzündungen des Zahnfleischs, vergrößerte Schleimhaut);
Anomalien im Gesicht
Schwellungen/ Abszesse;
Sekundäre Symptome
Verhaltensänderungen, Anorexie (Appetitlosigkeit), Gewichtsverlust, Speichelfluss/ Dehydrierung, Epiphora, Dakryozystitis, nicht gefressener Blinddarmkot, Schwierigkeiten bei der Fellpflege.
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