Inhaltsverzeichnis

Qualzuchthypothesen

Im Rahmen von „Qualzuchtkampagnen1) werden von privaten Organisationen mit Unterstützung staatlicher Behörden weitere „Qualzuchtmerkmale“ für Kaninchen benannt - insbesondere für „Widderkaninchen“ unabhängig von einer Rasse. Konkret belegt werden die Behauptungen bzw. Hypothesen in der Kampagne nicht, in der Regel wird verschiedenen Ausführungen wie z. B. in einem „Merkblatt Nr. 17“2) der QUEN gGmbH ein Literaturverzeichnis ohne einen Verweis auf diese angehangen.

Zu Erkrankungen von Stehohr- im Vergleich zu Widderkaninchen ist vorab festzustellen, dass Studien folgendes ergeben haben:

  1. Zahnerkrankungen wurden bei Kaninchen rasseunabhängig in verschiedenen Studien mit 15-25% als hochprävalent festgestellt (Rheker, 20013), Langenecker et al., 20094), O'Neill et al, 20205), Jackson et al., 20246), O'Neill et al., 20247))
  2. Ohrerkrankungen wurden bei Kaninchen rasseunabhängig in verschiedenen Studien mit 1-3% als relativ selten vorkommend festgestellt, (Rheker, 20018), Langenecker et al., 20099), O'Neill et al, 202010), Jackson et al., 202411), O'Neill et al., 202412))

Prinzipiell ist festzustellen, dass Zahn- und Ohrerkrankungen bei Kaninchen rasseunabhängig die gleichen Symptome und Auswirkungen aufweisen (Schmerzen, Leiden, Schäden)

Die verschiedenen Behauptungen der „Qualzuchtkampagnen“ werden zum Teil miteinander verknüpft, so dass z. B. dem „hängendem Ohr“ auch ein „kurzer Kopf“ und somit gehäufte Ohr- und Zahnerkrankungen zugeschrieben werden. In der folgenden Tabelle werden verschiedene Behauptungen aufgeführt. Da konkret zugeordnete Quellenangaben für sie fehlen, werden diesen in der Spalte „Bemerkungen“ solche Studienergebnisse zugeordnet, die diese nicht belegen konnten bzw. gegen sie sprechen.

Als Vorlage werden Behauptungen im „Merkblatt Nr. 17“ der QUEN gGmbH vom 02.08.2024 für „Kaninchen Typ Widder“13) zitiert.

Tabelle: „Qualzucht“-Merkmale für Widderkaninchen - zugehörige Hypothesen sowie Quellen, die diese nicht bestätigen. Für Zusammenfassungen siehe nachfolgende „Studienergebnisse“. „kursiv“ formatierte Texte sind Zitate aus dem „Merkblatt Nr. 17“ der QUEN gGmbH vom 02.08.2024

MerkmalHypotheseStudien, deren Ergebnisse gegen die Hypothesen sprechen
Ohren, Erkrankungen„Hängeohren“ mit signifikant mehr Ohrkanalstenosen, Cerumenbildung, Erytheme (Rötungen) sowie Schmerzreaktionende Matos, et al., 2015;
Mäkitaipale et al., 2015;
O'Neill et al., 2020;
Arts et al., 2023
Ohren, Sinnesleistung„Hängeohren“: Sinnesleistung (Hörschwelle erhöht/Taubheit) eingeschränktClaaßen, 2004
Ohren, MikrobiomDurch die Hängeohren kann es auch durch Luftabschluss zu einem Wachstum obligat anaerober gram-negativer Bakterien kommen.Quinton et al., 2014;
Reuschel, 2018;
Diaz et al., 2021
Ohren, Gesichtsinn„Hängeohren“ eingeschränktes visuelles Feldkeine Untersuchungsergebnisse bekannt, welche die Behauptung stützen;
Leicht, 1979
Ohren, Abknicken des OhrkanalsDarstellung des Trommelfells schwierig bis unmöglichfalsche Übersetzung des Begriffes „flexion“ aus Capello, 2006;
TIHO Hannover, 2018;
Arts et al., 2023
Ohren, Änderung der knöchernen Strukturen der BullaeEs werden Gehörgangsverengungen mit dem Risiko von akuten und chronischen Otitiden durch mangelnde Belüftung der Gehörgänge beschrieben.Quinton et al., 2014;
Reuschel, 2018;
Diaz et al., 2021;
O'Neill et al., 2024
Ohren, Kommunikation mit ArtgenossenKommunikation findet nicht über Lautsprache, sondern über die Körpersprache statt; erhebliche Einschränkung des arteigenen Ausdrucks- und Kommunikationsverhaltens als Verhaltensstörung … damit als Leiden zu wertenKraft, 1976
Ohren, übergroße und lange Ohren, Englische Widderschwierige Gruppenhaltung, da sie sich gegenseitig auf die Ohren treten und bei Fluchtverhalten die Ohren mit den Hinterkrallen schwer verletzen könnenkeine Untersuchungen bekannt, welche die Behauptung stützen
Ohr, Temperaturvon einer vermehrten Abgabe von Körperwärme wird ausgegangen, da die großen Ohren eine größere Körperoberfläche bedingenNichelmann, 1972;
Caputa et al., 1976;
Nichelmann, 1984
ZähneSchneidezahnpathologien (Inzisivi), übermäßiges Wachstum der Backenzähne (Molaren) mit Zahnhaken und Spitzen der Molaren sowie gehäufte Zahnbehandlungen signifikant häufiger bei Kaninchen mit SchlappohrenMullan & Main, 2006;
Harcourt-Brown, 2006;
Reuschel, 2018
Jackson et al., 2024;
O'Neill et al., 2024
Jackson et al., 2025
Rex-Zwergwidderverkümmerte, gekräuselte und damit funktionseingeschränkte Vibrissenkeine Untersuchungsergebnisse bekannt, welche die Behauptung stützen;
Stucki et al., 2008;
Heekerens, 2009;
Mancinelli et al., 2014
Brachycephaliediverse Schäden im Bereich der ZahnbildungGlöckner, 2002;
Harcourt-Brown, 2006;
Mäkitaipale et al., 2015;
Korn, 2016;
Reuschel, 2018
Böhmer & Böhmer, 2017;
O'Neill et al, 2024
Jackson et al., 2025

Studienergebnisse

In einer „Qualzuchtkampagne“14) werden von privaten Organisationen mit Unterstützung staatlicher Behörden „Qualzuchtmerkmale“ für Kaninchen benannt, ohne für diese konkrete Belege (Evidenzen) anzugeben. Auf Grund des Fehlens werden in der folgenden Auflistung solche Untersuchungsergebnisse aufgeführt, die beispielhaft die Behauptungen der QUEN gGmbH, 2023 nicht bestätigen konnten.

Ohren, Anatomie

Behauptung 1: „Bei Stehohrkaninchen sorgen drei ineinandergreifende Knorpel für einen festen Halt der stehenden Ohren. Bei Widderkaninchen hingegen besteht zwischen dem zweiten und dritten Knorpel (Küraßknorpel und Muschelknorpel) eine 3-5 mm breite Lücke, die nur mit Weichteilgewebe ausgefüllt ist, wodurch es zur Bildung der Schlappohren kommt. Dies verursacht ein Abknicken des Ohrkanals, welches bei den Wildkaninchen bzw. Kaninchen mit Stehohren nicht auftritt und welches ein Resultat der durch den Menschen vorgenommenen Selektion ist.“

Capello, 2006

In the dwarf lop breed, which has the aesthetic peculiarity of the long, hanging ear pinna (similar to hound breeds of dogs), the two portions are separated by the flexion of the cartilage at the base of the ear. This also causes a flexion of the ear canal, absent in the original species, Oryctolagus cuniculus, and is the result of man-made selection.15) Offenbar wurde die Behauptung von Capello, 2006 übernommen, aber der Begriff „flexion“ (Biegung, Krümmung) falsch mit „Abknicken“ übersetzt.

Arts et al, 2023

Um den Gehörgang der Widderkaninchen otoskopisch untersuchen zu können, wird das Ohr aufgerichtet und etwas unter Spannung gesetzt, wodurch der äußere Gehörgang vor allem bei den Kaninchen, wo dieser wenig stark verknorpelt ist, während der Untersuchung eine leicht ovale Form aufweist. … Im natürlichen Zustand ist der äußere Gehörgang sowohl bei Widderkaninchen als auch bei Rassen mit stehenden Ohren rund. Um den Gehörgang der Widderkaninchen untersuchen zu können, muss anders als bei Kaninchen mit stehenden Ohren die Ohrmuschel aufgerichtet und etwas unter Spannung gesetzt werden, wodurch die Knorpelmanschette an der Außenseite des Gehörgangs vor allem bei den Kaninchen, wo diese weniger stark ausgeprägt ist, während der Untersuchung temporär verformt wird und eine leicht ovale Form aufweist. Dies hat zur Folge, dass die Anzahl der Kaninchen mit einem leicht ovalen Gehörgang bei Widderkaninchen höher ist als bei Kaninchen mit stehenden Ohren. Diese Differenz ist bedingt durch die mechanische Einwirkung auf das Ohr um den Gehörgang untersuchen zu können und hat keine anatomischen Gründe.“16)

Die Behauptung, dass der Gehörgang der Widderkaninchen „geknickt“ wäre, wird häufig fälschlicherweise genutzt. Tatsächlich ist er gebogen, was auch das gute Hörvermögen und eine vergleichbare Bakterienkultur in den Ohren von Stehohr- und Widderkaninchen erklärt. Siehe auch Capello, 200617)

Behauptung 2: „Bei Widderkaninchen ist der Ohrkanal enger und häufig eine Darstellung des Trommelfells schwierig bis unmöglich.“

Reuschel, 2018

Ohren, Erkrankungen

Behauptung: „Hängeohren“ mit signifikant mehr „Ohrkanalstenosen, Cerumenbildung, Erytheme (Rötungen) sowie Schmerzreaktionen“, (QUEN, 2023)19)

de Matos, et al., 2015

de Matos et al., 201520)

Mäkitaipale et al., 2015

Mäkitaipale et al., 201521)

O'Neill et al., 2020

O'Neill et al., 202022)

Arts et al., 2023

Arts et al., 202323)

O'Neill et al., 2024

Die Studienpopulation einer Arbeit von O'Neill et al., 202424) umfasste alle Kaninchen, die im Jahr 2019 in 1.224 Kliniken, die am britischen VetCompass-Programm teilnahmen, tierärztlich betreut wurden. Dafür standen die Datensätze von 162.017 Heimkaninchen zur Verfügung. Von den insgesamt 162.017 Datensätzen wurde eine zufällige Stichprobe von 3.933 Tieren (2,43%) gezogen, um Aufzeichnungen über die Sterblichkeit und Erkrankungen auszuwerten. Als überraschend wurde von den Autoren festgestellt, dass die Ergebnisse der Studie nicht die Hypothese stützten, wonach Hängeohrkaninchen im Vergleich zu Stehohrkaninchen eine höhere Prävalenz von Ohrenkrankheiten aufweisen: „The current results did not support the hypothesis that lop-eared rabbits have a higher prevalence of aural disease compared with erect-eared rabbits. This is surprising considering the increased risk of aural pathology that has been reported by some previous studies.“.

Ohren, Sinnesleistungen

Behauptung: „Hängeohren“: Sinnesleistung (Hörschwelle erhöht/Taubheit) eingeschränkt, (QUEN, 2024)

Claaßen, 2004

Claaßen, 200425)

Tabelle: Rasseverteilung gesunder und kranker Tiere in der Dissertation von Claaßen, 2004

Phänotyp/RasseGruppe 1 (gesund)Gruppe 2 (krank)Gesamt
Zwergkaninchen291443
Zwergwidder19524
Blaue Wiener12012
Thüringer606
Löwenkopf202
Deutsche Schecke415
Dalmatiner202

* obwohl das Alter der Tiere bekannt war, wurde es den untersuchten Tieren nicht zugeordnet, so dass die Bewertung eines altersbedingten Hörvermögens nicht möglich ist

Abb. 1: Vergleich der Hörschwelle [dB nHL] gesunder Widder - Kaninchen (Gruppe I) mit gesunden Kaninchen anderer Rassen (Gruppe II) sowie erkrankten Widder - Kaninchen (Gruppe III) mit erkrankter Kaninchen anderer Rassen (Gruppe IV) im Median, nach Claaßen, 2004

Abb. 2: Hörvermögen von Stehohr- und Widderkaninchen im Vergleich als Boxplot, nach Daten aus Claaßen, 2004

Ohren, Mikrobiom

Behauptung: Durch die Hängeohren kann es auch durch Luftabschluss zu einem Wachstum obligat anaerober gram-negativer Bakterien kommen., (QUEN, 2024)

Quinton et al., 2014

Quinton et al., 201426)

Reuschel, 2018

Reuschel, 201827)

Diaz, et al., 2021

Diaz, et al., 202128)

Ohren, Gesichtssinn

Behauptung: „Hängeohren“ eingeschränktes visuelles Feld, (QUEN, 2024)

Es sind keine Untersuchungen bekannt, die eine Einschränkung des Sehfeldes oder des Sehraums bei Widderkaninchen durch die Ohren bestätigen würden. Gelegentlich wird eine Skizze benutzt, die das Sehfeld von Kaninchen darstellt. Diese stammt aus einem Buchkapitel von Leicht, 197929) und zeigt das Sehfeld eines Wildkaninchens. Im Artikel "Sehen" sind Sehfeld und Sehraum von (Wild-)Kaninchen näher beschrieben. Prinzipiell haben sich allein durch die Domestikation auf Grund des fehlenden Überlebenskampfes anatomische Veränderungen mit entsprechenden Einschränkungen beim Hauskaninchen ergeben, unabhängig von Rasse und Phänotyp. Künftige Untersuchungen diesbezüglich müssten zwingend Wildkaninchen einschließen, um Domestikationseinflüsse auszuschließen.

Ohren, Darstellung

Darstellung des Trommelfells schwierig bis unmöglich, (QUEN, 2024)

TIHO Hannover, 2018

TIHO Hannover, 201830))

Arts et al, 2023

Arts et al., 202331)

Ohren, Belüftung

Behauptung: Es werden Gehörgangsverengungen mit dem Risiko von akuten und chronischen Otitiden durch mangelnde Belüftung der Gehörgänge beschrieben., (QUEN, 2024)

siehe „Ohren, Mikrobiom“: wenn eine Belüftung der Ohren nicht stattfinden würde, müsste sich das in einem unterschiedlichen Mikrobiom im Ohr äußern, was aber in drei unabhängigen Untersuchungen nicht bestätigt wurde (Quinton et al., 2014; Reuschel, 2018; Diaz, et al., 2021)

Ohren, Kommunikation

Behauptung: Kommunikation findet nicht über Lautsprache, sondern über die Körpersprache statt; erhebliche Einschränkung des arteigenen Ausdrucks- und Kommunikationsverhaltens als Verhaltensstörung … damit als Leiden zu werten, (QUEN, 2024)

Kraft, 1976

Kraft, 197632)

Keating et al., 2012

Keating et al., 201233)

Abb. 3: Figure 7. Rabbit Grimace Scale (RbtGS). The Rabbit Grimace Scale with images and explanations for each of the 5 facial action units (FAU); orbital tightening, cheek flattening, nose shape, whisker position and ear position. Each FAU is scored according to whether it is not present (score of 0), moderately present (score of 1) and obliviously present (score of 2). https://doi.org/10.1371/journal.pone.0044437.g007]

Die Studie wird aktuell im Rahmen einer „Qualzuchtkampagne“ genutzt, um damit Ausdrucksformen im Gesicht von Hauskaninchen bzw. von Ohrstellungen in einen Zusammenhang mit verschiedenen Befindlichkeiten und einer innerartlichen Kommunikation der Tiere zu bringen, obwohl sie nur als ein Verfahren zur Bewertung akuter Schmerzen bei Kaninchen vorgeschlagen wurden. Dafür wären mehrere Personen nötig, um mögliche Differenzen in der Interpretation auszugleichen.

Ohren, Englische Widder

Behauptung: schwierige Gruppenhaltung, da sie sich gegenseitig auf die Ohren treten und bei Fluchtverhalten die Ohren mit den Hinterkrallen schwer verletzen können, (QUEN, 2024)

Es sind keine Untersuchungsergebnisse bekannt, die eine besondere Verletzungsgefahr bei Ohren von Kaninchen der Rasse „Englische Widder“ bestätigen würden. Prinzipiell sind Ohren bei Wildkaninchen verletzungsanfällig, ebenso wie bei Hauskaninchen in Gruppenhaltungen.

Abb. 4: Englisches Widderkaninchen (Weibchen), mantelgescheckt, schwarz-weiß. Bundessieger 2019Im Zuchtstandard des ZDRK, 201834) wird die Behanglänge und deren Bestimmung folgendermaßen beschrieben: „Die Behanglänge ist mit dem Zollstock über dem Kopf des Tieres von einer Spitze zur anderen zu messen. Dabei werden die Ohren mit der Schallöffnung nach vorne und ohne Drehung an den Zollstock angelegt. Die Ohren sind bei der Messung leicht anzuziehen. Die Behanglänge betragt 54 bis 6o Zentimeter.“„Die Breite der Ohren wird in der Mitte des Behanges festgestellt. Gemessen wird die größte Breite ohne die Behaarung an den Ohrenrändern. Die Ohrenbreite beträgt zwischen 11 und 14 cm.“. Das Idealgewicht der Englischen Widder liegt zwischen 4,25 — 5,25 kg.

Im Internet kursieren Bilder von Kaninchen, die als „Englische Widder“ bezeichnet werden, aber nichts mit Tieren gemäß dem Rassestandard des ZDRK zu tun haben.

Ohren, Temperatur

Behauptung: von einer vermehrten Abgabe von Körperwärme wird ausgegangen, da die großen Ohren eine größere Körperoberfläche bedingen, (QUEN, 20243)

Die Behauptung ist unverständlich.

Prinzipiell korreliert die Ohrgröße mit der Körpergröße. Eine Ausnahme stellt die Rasse „Englische Widder“ dar. Castle & Reed, 193535) vermuteten, dass beim Kaninchen, obwohl es (unter sonst gleichen Bedingungen) eine starke Korrelation zwischen der allgemeinen Körpergröße und der Ohrgröße gibt, aber auch spezielle Gene vorhanden sind, die die Ohrgröße beeinflussen und dass zufällige Mutationen in diesen Genen bei der Entstehung von Hängeohrkaninchen in großwüchsigen Rassen und von besonders kurzwüchsigen Kaninchen in kleinwüchsigen Rassen genutzt wurden. Das heißt, dass verschiedene Körperteile zwar ein harmonisches System bilden, das sich im Gleichklang (proportional) verändert und durch die allgemeine Körpergröße gesteuert wird, dass jedoch die Veränderung eines Teils in geringem Maße unabhängig von den anderen Teilen erfolgt.

Die Temperaturregulierung bei Kaninchen erfolgt bis zu einer bestimmten Grenze über die Ohren, da Kaninchen über keine Schweißdrüsen in der Haut verfügen.

Nichelmann, 1972

Nichelmann, 197236)

Caputa et al., 1976

Caputa et al., 197637)

Nichelmann, 1984

Nichelmann, 198438)

Zähne

Behauptung: Schneidezahnpathologien (Inzisivi), übermäßiges Wachstum der Backenzähne (Molaren) mit Zahnhaken und Spitzen der Molaren sowie gehäufte Zahnbehandlungen signifikant häufiger bei Kaninchen mit Schlappohren, (QUEN, 2024)

Glöckner, 2002

Glöckner, 200239)

Mullan & Main, 2006

Mullan & Main, 200640)

Harcourt-Brown, 2006

Harcourt-Brown, F. 200641)

Korn, 2016

Korn, 201642)

Böhmer, 2017

Böhmer & Böhmer, 201743)

Jackson et al., 2024

In einer Auswertung klinischer Daten in England von Jackson et al., 202444) in Bezug auf Zahnerkrankungen mit insgesamt 161.979 Kaninchen, die im Jahr 2019 in tierärztlicher Grundversorgung vorgestellt wurden, lag die 1-Jahres-Prävalenz von Zahnerkrankungen insgesamt bei 15,36 % (95 % Konfidenzintervall (KI): 14,78-15,96). Die Prävalenz von Zahnerkrankungen bei Schneidezähnen lag bei 3,14 % (95 % KI: 2,87-3,44) und bei Backenzähnen bei 13,72 % (95 % KI: 13,17-14,29). Weder die Form eines Hängeohrs noch die Form eines brachycephalen Schädels war signifikant mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine Zahnerkrankung verbunden. Die Wahrscheinlichkeit einer Zahnerkrankung stieg mit zunehmendem Alter und sank mit zunehmendem Körpergewicht.

Die wesentlichsten Feststellungen in der Arbeit:

Fell, Rex-Zwergwidder

Behauptung: verkümmerte, gekräuselte und damit funktionseingeschränkte Vibrissen, (QUEN, 2024)
Keine Untersuchungen bekannt. Im Rassestandard des ZDRK, 201848) werden „wenig Spürhaare“ als leichter Fehler und „gänzlich fehlende Spürhaare“ als schwerer Fehler bewertet, was zu einem Zuchtauschluss führt.

An anderer Stelle werden in dem Merkblatt Nr. 17 der QUEN gGmbH, 2024 als „weitere ggf. auftretender Defekte dieses Rassetyps“ „Pododermatitiden“ aufgeführt. Unklar ist die Definition des Begriffes „Rassetyp“.

Stucki et al., 2008

Stucki et al., 200849)

Übersichtsarbeit zu verschiedenen "Qualzuchtmerkmalen", in Bezug auf Rex-Kaninchen wurde folgendes vermerkt: „Verkürztes Haarkleid, Rex - Nach heutiger Kenntnis Rasse ohne Mängel (ausg. Rexschecken), keine speziellen Massnahmen“

Heekerens, 2009

Heekerens, 200950)

Mancinelli et al., 2014

Mancinelli et al., 201451)

Brachycephalie

Behauptung: diverse Schäden im Bereich der Zahnbildung, (QUEN, 2024)

Eine konkrete Definition für die Brachyzephalie bei Kaninchen existiert nicht, eine Zuordnung erfolgt subjektiv.

Ein Zusammenhang von Kiefer-/Zahnkrankheiten mit einer Kopfform wird seit Jahrzehnten behauptet, konnte bisher aber nicht belegt werden. Gegenteilige Untersuchungsergebnisse liegen u. a. von Glöckner, 200252), Harcourt-Brown, 200653), Mäkitaipale et al., 201554), Korn, 201655), Reuschel, 201856) und von Jackson et al., 202457) vor.

Böhmer & Böhmer, 201758) vermuteten einen grundätzlichen Zusammenhang von Zahnerkrankungen mit der Ernährungsweise von Hauskaninchen.


1 9 2253

1) , 14)
Ratsch, H. 2019. Anti-Qualzucht-Kampagne: „Das ist doch krank!“. wir-sind-tierarzt.de. Online, Abruf am 07.08.2022 von https://www.wir-sind-tierarzt.de/2019/10/anti-qualzucht-kampagne-tieraerztekammer-berlin/
3) , 8)
Rheker I. 2001. Untersuchung zur Bedeutung der Heimtiere in der tierärztlichen Fortbildung in Bezug zur Entwicklung des Heimtieranteils am Gesamtaufkommen der Patienten der Klinik für kleine Haustiere, der Klinik für Zier und Wildvögel sowie der Klinik für Fischkrankheiten der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Diss med vet, Tierärztliche Hochschule Hannover
4) , 9)
Langenecker, M.; Clauss, M.; Hässig, M.; Hatt, J. M. 2009. Vergleichende Untersuchung zur Krankheitsverteilung bei Kaninchen, Meerscheinchen, Ratten und Frettchen. Tierärztliche Praxis. Ausgabe K, Kleintiere, 37(5):326-333
5) , 10) , 22)
O'Neill, D. G., Craven, H. C., Brodbelt, D. C., Church, D. B., & Hedley, J. 2020. Morbidity and mortality of domestic rabbits (Oryctolagus cuniculus) under primary veterinary care in England. Veterinary Record, 186(14), 451-451. https://doi.org/10.1136/vr.105592
6) , 11) , 44) , 57)
Jackson, M. A., Burn, C. C., Hedley, J., Brodbelt, D. C., & O'Neill, D. G. 2024. Dental disease in companion rabbits under UK primary veterinary care: Frequency and risk factors. Veterinary Record, 194(6), https://doi.org/10.1002/vetr.3993
7) , 12) , 24)
O'Neill, D. G., Williams, A., Brodbelt, D. C., Church, D. B., Hedley, J. 2024. Conformation-associated health in pet rabbits in the UK: A VetCompass cohort study. Vet Rec. 2024;e4396. https://doi.org/10.1002/vetr.4396
15) , 17)
Capello, V. 2006. Lateral ear canal resection and ablation in pet rabbits. Proceedings of the North American Veterinary Conference Volume 20. Small Animal and Exotics Edition. S. 1711-1713. Online, Abruf am 31.10.2024 von: https://www.cabidigitallibrary.org/doi/pdf/10.5555/20063121854
16) , 23) , 31)
Arts, H. T.; Verstappen, F. A. L. M.; Van der Vlis, B.; Gabbe, B. 2023. Untersuchung der Prävalenz von Anomalien und Erkrankungen des Ohres bei Widderkaninchen. Kaninchenzeitung.de. Online: https://www.kaninchenzeitung.de/wp-content/uploads/2023/03/2023_03_20-Studie-Widderkaninchen.pdf, Abruf am 23.03.2023
18) , 27) , 56)
Reuschel, M. 2018. Untersuchungen zur Bildgebung des Kaninchenohres mit besonderer Berücksichtigung der Diagnostik einer Otitis bei unterschiedlichen Kaninchenrassen. Tierärztliche Hochschule Hannover. Dissertation. ISBN 978-3-86345-460-9 Online verfügbar unter https://elib.tiho-hannover.de/receive/tiho_mods_00000102
20)
de Matos, R. E. C., Ruby, J., Van Hatten, R. A., Thompson, M. 2015. Computed tomographic features of clinical and subclinical middle ear disease in domestic rabbits (Oryctolagus cuniculus): 88 cases (2007–2014). Journal of the American Veterinary Medical Association 246.3 (2015): 336-343
21) , 54)
Mäkitaipale, J., Harcourt‐Brown, F. M., & Laitinen‐Vapaavuori, O. 2015. Health survey of 167 pet rabbits (Oryctolagus cuniculus) in Finland. Veterinary Record, 177(16), 418-418
25)
Claaßen, W. 2004. Hörschwellenbestimmung mittels früher akustisch evozierter Potentiale zur klinischen Diagnostik bei gesunden und erkrankten Kaninchen mit Kopfschiefhaltung. Tierärztlichen Hochschule Hannover. Dissertation Online: https://elib.tiho-hannover.de/receive/etd_mods_00002423
26)
Quinton, J. F., Francois, M., Laprais, A., & Prelaud, P. 2014. Cytology of the external auditory meatus in healthy domestic pet rabbits (Oryctolagus cuniculus). Revue de Médecine Vétérinaire, 165(9/10), 263-266
28)
Díaz, L., Castellá, G., Bragulat, M. R., Martorell, J., Paytuví-Gallart, A., Sanseverino, W., & Cabañes, F. J. 2021. External ear canal mycobiome of some rabbit breeds. Medical mycology, 59(7), 683-693
29)
Leicht, W. H. 1979. Wildkaninchen. In: Leicht, W. H. Tiere der offenen Kulturlandschaft. Teil 1. Feldhase, Wildkaninchen. Ethologie einheimischer Säugetiere. ISBN 3-494-00937-6. S. 101-168
30)
TIHO Hannover, 2018. Untersuchung des äußeren Gehörganges beim Kaninchen. Youtube-Video der Tierärztlichen Hochschule Hannover vom 15.10.2018. Online, https://www.youtube.com/watch?v=H5vof6T4Umw (abgerufen am 27.06.2022
32)
Kraft, R. 1976. Vergleichende Verhaltensstudien an Wild- und Hauskaninchen. Erlangen: Universität, 1976. Dissertation
33)
Keating, S. C. J., Thomas, A. A., Flecknell, P. A., Leach, M. C. 2012. Evaluation of EMLA Cream for Preventing Pain during Tattooing of Rabbits: Changes in Physiological, Behavioural and Facial Expression Responses. PLoS ONE 7(9): e44437. doi:10.1371/journal.pone.0044437
34) , 48)
ZDRK, 2018. Bewertungsbestimmungen, Standard für die Beurteilung der Rassekaninchen und Exponate, Auflage 2018, Herausgeber: Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter e.V., Redaktionsleitung: Bernd Graf, Am Kirschgarten 62, 67434 Neustadt, Druck und Verarbeitung: HAGO Druck § Medien GmbH, 76307 Karlsbad, Vertrieb durch die Drucksachenverteilerstelle des ZDRK e.V.
35)
Castle, W. E., & Reed, S. C. 1936. Studies of inheritance in lop-eared rabbits. Genetics, 21(4), 297
36)
Nichelmann, M. 1972. Besonderheiten der physikalischen Temperaturregulation beim Kaninchen. Monatshefte für Veterinärmedizin, 27. S. 782-78
37)
Caputa, M., Kadziela, W., & Narebski, J. 1976. Significance of cranial circulation for the brain homeothermia in rabbits. I. The brain-arterial blood temperature gradient. Acta Neurobiol Exp (Warsz), 36, 613-623
38)
Nichelmann, M. 1984. Warum Kaninchen bei Hitze hecheln. GuK. 1984, 14, S. 8-9
39) , 52)
Glöckner, B. 2002. Untersuchungen zur Ätiologie und Behandlung von Zahn- und Kiefererkrankungen beim Heimtierkaninchen. Berlin: Freie Universität, 2002. Dissertation
40)
Mullan, S. M., & Main, D. C. J. 2006. Survey of the husbandry, health and welfare of 102 pet rabbits. Veterinary record, 159(4), 103-109.
41) , 53)
Harcourt-Brown, F. 2006. Metabolic bone disease as a possible cause of dental disease in pet rabbits. Thesis for Fellowship of Royal College of Veterinary Surgeon
42) , 55)
Korn, A. K. 2016. Zahn- und Kieferveränderungen beim Kaninchen. Diagnostik, Auftreten und Heritabilitäten. Giessen : VVB Laufersweiler Verlag. Dissertation
43) , 58)
Böhmer, C., & Böhmer, E. (2017). Shape variation in the craniomandibular system and prevalence of dental problems in domestic rabbits: a case study in evolutionary veterinary science. Veterinary sciences, 4(1), 5
45)
Johnson, J. C., & Burn, C. C. 2019. Lop‐eared rabbits have more aural and dental problems than erect‐eared rabbits: a rescue population study. Veterinary Record, 185(24), 758-758. https://doi.org/10.1136/vr.10516
46)
Siriporn B, Weerakhun S. 2014. A study of risk factors, clinical signsand radiographic findings in relation to dental diseases of domestic rabbits. KKU Vet J. 2014;24(2):201–13.
47)
Crossley D. A. 2003. Oral biology and disorders of lagomorphs. Vet Clin N Am. 2003;6(3):629–59.
49)
Stucki, Bartels, & Steiger. 2008. Zur Beurteilung von Tierschutzaspekten bei Extremzuchten von Rassekaninchen, Rassegeflügel und Rassetauben. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 150(5), 227-234. DOI 10.1024/0036-7281.150.5.227
50)
Heekerens, Nina. 2009. Untersuchungen zur Pododermatitis bei Meerschweinchen und Kaninchen. TIHO Hannover. Dissertation
51)
Mancinelli, E., Keeble, E., Richardson, J., & Hedley, J. (2014). Husbandry risk factors associated with hock pododermatitis in UK pet rabbits (Oryctolagus cuniculus). Veterinary Record, 174(17), 429-429