Feldhase
Der Feldhase (Lepus europaeus) sieht dem Wildkaninchen äußerlich ähnlich und wird nicht selten mit diesem verwechselt. In der Umgangssprache ist auch häufig vom „Hasen“ die Rede, obwohl ein Kaninchen gemeint ist. Das weibliche Wildkaninchen wird im deutschen Sprachraum allgemein als „Häsin“ bezeichnet.
Feldhasen waren ursprünglich Steppenbewohner und gelten als ausgesprochene Kulturfolger. Ihr natürlicher Lebensraum sind offene Landschaften. Durch den Feldanbau mit ganzjährigem Futterangebot gelang ihnen die Verbreitung über ganz Europa. Sie fehlen in geschlossenen Wäldern und in Höhen über 1600 m. Hasen leben zum größten Teil als Einzelgänger, die sich nur während der Paarungszeit versammeln. Ist die Populationsdichte sehr hoch, trifft man sie aber auch in Gruppen an. Sie verlassen ihr angestammtes Revier nur ungern, Wanderungen über weitere Strecken erfolgen z. B. bei Nahrungsmangel oder wenn die Zahl der Tiere im Revier zu groß wird. Im Revier legen sie feste Wechsel an, die sie regelmäßig benutzen.
Im Gegensatz zu Kaninchen graben Hasen keine Baue, sondern leben oderirdisch. Die Ruheplätze werden als „Sassen“ bezeichnet. Dabei handelt es sich um natürliche Vertiefungen, die sie durch Scharren einrichten. In diesen Sassen bleiben sie auch bei Gefahr - erst wenn ein Feind zu nahekommt, springen sie aus dem Lager. Auf Fluchten entwickeln sie Geschwindigkeiten von 55-70 km/h und springen bis zu zweieinhalb Meter weit. Die Häsin bringt nach einer durchschnittlichen Tragzeit von 42 Tagen 1-5 Jungtiere zur Welt, die bereits über Fell verfügen und sehen können. Besonders auffällig ist die gelbe Iris (Regenbogenhaut des Auges) des Feldhasen. Die des Wildkaninchens ist braun.
Insgesamt sind Wildkaninchen deutlich kleiner als Feldhasen. Sie haben ein graubraunes Fell, welches im Nacken braun/rostrot gefärbt ist, während die Bauchseite eine weißliche bis cremefarbene Färbung aufweist. Die Ohren (Löffel) sind einfarbig, die des Feldhasen weisen schwarze Spitzen auf.
In der folgenden Tabelle sind einige Unterschiede aufgeführt, die zwischen Feldhasen und Wildkaninchen bestehen.
Tabelle: Vergleich einiger Merkmale von Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) und Feldhase (Lepus europaeus); aus (Angermann, 1972)1), (Nachtsheim, et al., 1977)2), (Leicht, 1979)3), (Gibb, et al., 1994)4), (Bensinger, 2002)5), (von Holst, 2004)6), (Pegel, 2005)7)
Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) | Feldhase (Lepus europaeus) |
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Lebensweise | |
gräbt Erdgänge und -baue, in denen es einen großen Teil des Tages verbringt | lebt oberirdisch, verbringt den Tag und die Nacht in einer „Sasse“ (offenes Lager) |
sozial bzw. gesellig in Gruppen lebend, die auf Kolonien (mehrere Gruppen) anwachsen können | ungesellig; überwiegend Einzelgänger; in der Fortpflanzungszeit von Januar - August./September paarweise lebend |
warnt die Gruppe durch „Klopfen“ (auf den Boden schlagende Hinterläufe), flüchtet in den Bau | duckt sich in die Sasse, aus der bei Gefahr erst im letzten Moment die Flucht ergriffen wird |
Max. Fluchtgeschwindigkeit bis 54 km/h | Max. Fluchtgeschwindigkeit bis 70 km/h |
strikt standorttreu | relativ standorttreu |
Fortpflanzung | |
Paarungszeit März - September | Paarungszeit Januar - Oktober |
Tragezeit ca. 31 Tage (29-32) | Tragezeit ca. 42 Tage |
Jungtiere sind nach der Geburt taub, nackt und blind, „Nesthocker“ | Junge sind nach der Geburt behaart und sehend, „Nestflüchter“ bzw. „Laufjunge“ |
Wurfzahl/Jahr: 4 (2-5) | Wurfzahl/Jahr: 3 (2-5) |
Wurfgröße 4 (2-8) Junge | Wurfgröße 3 (1-6) Junge |
Geburtsgewicht 40-50 g | Geburtsgewicht 90 – 150 g |
Säugezeit ca. 2-6 Wochen | Säugezeit ca. 4 Wochen |
Zitzenzahl: 8 (6-12) | Zitzenzahl: 6 |
Öffnen der Augen ca. 8-10 Tage nach der Geburt | Öffnen der Augen vor der Geburt (ca. 38. Tag der Trächtigkeit) |
Aufnahme von festem Futter ab dem 17. Tag | Aufnahme von festem Futter ab dem 10. Tag |
Physiologie | |
Gewicht 0,75-2,5 kg | Gewicht 2,5-6,5 kg |
Lebensalter durchschn. 2,5 Jahre, max. 8 Jahre | Lebensalter durchschn. 2,5 Jahre, max. 12,5 Jahre |
Körperlänge 35-50 cm | Körperlänge 60-70 cm |
Kopflänge 8 cm | Kopflänge 12 cm |
Schwanzlänge 6 cm | Schwanzlänge 9-10 cm |
Ohrlänge 7-8 cm | Ohrlänge 12-15 cm |
Ohr kürzer als Kopf, erreicht angedrückt nicht die Schnauzenspitze | Ohr länger als Kopf, ragt angedrückt über die Schnauzenspitze hinaus |
Gedrungener Bau | Schlanker Bau |
Haarfarbe „wildfarben“ (mehr grau) | Haarfarbe „hasenwildfarben“ (mehr rote Töne) |
Haare mit blauem „Fuß“ | Haare mit weißem „Fuß“ |
Ohrspitze schwarz gerändert | Ohrspitze mit großem schwarzen Fleck |
keine Haarwirbel | zahlreiche Haarwirbel |
Grannenhaare 2-3 cm lang, Flaumhaar nur wenig überragend | Grannenhaare 6-7 cm lang, Flaumhaare beträchtlich überragend |
Weißes Fleisch | Rotes Fleisch |
Zwischenscheitelbein deutlich von Scheitelbeinen getrennt | Zwischenscheitelbein mit Scheitelbein verschmolzen |
Choanenöffnung (Gaumenbein) so breit wie ein Drittel der Backzahnreihe | Choanenöffnung breiter als halbe Länge der Backzahnreihe |
Oberarm länger als Speiche | Oberarm kürzer als Speiche |
Elle neben der Speiche gelegen | Elle hinter der Speiche gelegen |
Iris dunkelbraun | Iris gelb, bernsteinfarben |
44 Chromosomen | 48 Chromosomen |
Hartkot zum Teil mit Geruch des Sekrets der Analdrüsen | Geruchsfreier Kot |