Wildkaninchen
Die Unterscheidung zwischen Lagomorpha und Rodentia erfolgt anhand eines zweiten Paars Schneidezähne, die sich hinter den großen, oberen Schneidezähnen der Lagomorpha befinden. Früher wurden die doppelzähnigen Kaninchen (Duplicidentata) mit den Einfachzähnern (Simplicidentata) zu einer Ordnung, den Rodentia zusammengefaßt. Beide Gruppen trennten sich aber frühzeitlich im Mesozoikum vor ca. 66,5 Millionen Jahren voneinander1) und werden heute auch entsprechend systematisiert.
Tabelle 1: Ausschnitt aus der Systematik der Hasenartigen (Lagomorpha) für Feldhase und Wildkaninchen
Ordnung | Familie | Gattung | Art |
---|---|---|---|
Hasenartige (Lagomorpha) | Hasen (Leporidae) | Oryctolagus | Wildkaninchen |
Hasenartige (Lagomorpha) | Hasen (Leporidae) | Lepus (Echte Hasen) | Feldhase |
Das Wildkaninchen wird oft mit dem Feldhasen (Lepus europaeus) verwechselt. In der folgenden Tabelle sind Unterschiede zwischen den beiden Arten aufgeführt.
Tabelle 2: Vergleich einiger Merkmale von Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) und Feldhase (Lepus europaeus); aus (Angermann, 1972)2), (Nachtsheim, et al., 1977)3), (Leicht, 1979)4), (Gibb, et al., 1994)5), (Bensinger, 2002)6), (von Holst, 2004)7), (Pegel, 2005)8)
Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) | Feldhase (Lepus europaeus) |
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Lebensweise | |
gräbt Erdgänge und -baue, in denen es einen großen Teil des Tages verbringt | lebt oberirdisch, verbringt den Tag und die Nacht in einer „Sasse“ (offenes Lager) |
sozial bzw. gesellig in Gruppen lebend, die auf Kolonien (mehrere Gruppen) anwachsen können | ungesellig; überwiegend Einzelgänger; in der Fortpflanzungszeit von Januar - August./September paarweise lebend |
warnt die Gruppe durch „Klopfen“ (auf den Boden schlagende Hinterläufe), flüchtet in den Bau | duckt sich in die Sasse, aus der bei Gefahr erst im letzten Moment die Flucht ergriffen wird |
Max. Fluchtgeschwindigkeit bis 54 km/h | Max. Fluchtgeschwindigkeit bis 70 km/h |
strikt standorttreu | relativ standorttreu |
Fortpflanzung | |
Paarungszeit März - September | Paarungszeit Januar - Oktober |
Tragezeit ca. 31 Tage (29-32) | Tragezeit ca. 42 Tage |
Jungtiere sind nach der Geburt taub, nackt und blind, „Nesthocker“ | Junge sind nach der Geburt behaart und sehend, „Nestflüchter“ bzw. „Laufjunge“ |
Wurfzahl/Jahr: 4 (2-5) | Wurfzahl/Jahr: 3 (2-5) |
Wurfgröße 4 (2-8) Junge | Wurfgröße 3 (1-6) Junge |
Geburtsgewicht 40-50 g | Geburtsgewicht 90 – 150 g |
Säugezeit ca. 2-6 Wochen | Säugezeit ca. 4 Wochen |
Zitzenzahl: 8 (6-12) | Zitzenzahl: 6 |
Öffnen der Augen ca. 8-10 Tage nach der Geburt | Öffnen der Augen vor der Geburt (ca. 38. Tag der Trächtigkeit) |
Aufnahme von festem Futter ab dem 17. Tag | Aufnahme von festem Futter ab dem 10. Tag |
Physiologie | |
Gewicht 0,75-2,5 kg | Gewicht 2,5-6,5 kg |
Lebensalter durchschn. 2,5 Jahre, max. 8 Jahre | Lebensalter durchschn. 2,5 Jahre, max. 12,5 Jahre |
Körperlänge 35-50 cm | Körperlänge 60-70 cm |
Kopflänge 8 cm | Kopflänge 12 cm |
Schwanzlänge 6 cm | Schwanzlänge 9-10 cm |
Ohrlänge 7-8 cm | Ohrlänge 12-15 cm |
Ohr kürzer als Kopf, erreicht angedrückt nicht die Schnauzenspitze | Ohr länger als Kopf, ragt angedrückt über die Schnauzenspitze hinaus |
Gedrungener Bau | Schlanker Bau |
Haarfarbe „wildfarben“ (mehr grau) | Haarfarbe „hasenwildfarben“ (mehr rote Töne) |
Haare mit blauem „Fuß“ | Haare mit weißem „Fuß“ |
Ohrspitze schwarz gerändert | Ohrspitze mit großem schwarzen Fleck |
keine Haarwirbel | zahlreiche Haarwirbel |
Grannenhaare 2-3 cm lang, Flaumhaar nur wenig überragend | Grannenhaare 6-7 cm lang, Flaumhaare beträchtlich überragend |
Weißes Fleisch | Rotes Fleisch |
Zwischenscheitelbein deutlich von Scheitelbeinen getrennt | Zwischenscheitelbein mit Scheitelbein verschmolzen |
Choanenöffnung (Gaumenbein) so breit wie ein Drittel der Backzahnreihe | Choanenöffnung breiter als halbe Länge der Backzahnreihe |
Oberarm länger als Speiche | Oberarm kürzer als Speiche |
Elle neben der Speiche gelegen | Elle hinter der Speiche gelegen |
Iris dunkelbraun | Iris gelb, bernsteinfarben |
44 Chromosomen | 48 Chromosomen |
Hartkot zum Teil mit Geruch des Sekrets der Analdrüsen | Geruchsfreier Kot |
Alle uns bekannten Hauskaninchen und deren Züchtungen gehen auf diese Stammform zurück, so z.B. auch das Deutsche Riesenkaninchen mit einem Gewicht von bis zu 12 kg.
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